Schwindel – Begriffsdefinition

Der medizinische Fachbegriff für Schwindel oder ein Schwindelgefühl lautet „Vertigo“ (lateinisch für „Umdrehung“). Davon abgeleitet wird mit „vertiginös“ die Adjektivform bezeichnet.
In der Medizin beschreibt der Ausdruck Schwindel das Gefühl des Drehens oder Schwankens. Auch der Eindruck bewusstlos zu werden, wird davon eingeschlossen. Weiterhin stellt eine Vertigo eine subjektive Scheinbewegung zwischen dem Patienten und seiner Umwelt dar. Im deutschsprachigen Raum wird das Wort Schwindel auch als Synonym für eine Kreislaufschwäche genutzt. Im Englischen hingegen unterscheidet man zwischen einem tatsächlichen Schwindel und dem Gefühl einer Benommenheit.

Epidemiologie der Vertigo

Kreislaufschwächen und Schwindelgefühle zählen zu den häufigsten Symptomen, die Patienten bei Arztbesuchen angeben. Dennoch gibt es bislang nur wenige Erkenntnisse zur Epidemiologie der Vertigo. Diverse Studien beweisen das Ausmaß des Vorkommens. So wurde unter anderem gezeigt, dass etwa jeder fünfte der 18 bis 64 jährigen einmal im Monat an einem Schwindel leidet.
Bei der Gruppe der über 65 jährigen Patienten haben bereits rund 30 Prozent mindestens einmal im Monat mit einem Schwindelgefühl zu kämpfen haben. Eine weitere Untersuchung weist nach, dass bei Patienten mit einem Durchschnittsalter von 75 Jahren schon jeder zweite Besucher beim Aufsuchen eines Allgemeinarztes eine Vertigo nennt.
Im Allgemeinen ist bei jedem fünften Patient, der unter einem Schwindelgefühl leidet, die Ursache somatisch begründet. Psychisch bedingt ist die Vertigo in etwa 15 Prozent der Fälle. Bei den übrigen Patienten kann in der Regel keine hinreichende Ursache diagnostiziert werden.

Typen der Vertigo

Die möglichen Ursachen eines Schwindels können vielfältig sein. Aufgrund dessen ist es hilfreich, die Art des Schwindels vor der Behandlung zu kategorisieren. Dabei differenziert man entweder zwischen der Art der Vertigo oder nach der Ätiologie, dem anzunehmenden Vorkommen des Auslösers. Schwindeltypen werden in systematischen Schwindel und unsystematischen Schwindel unterteilt.

Unterscheidung nach Arten des Schwindels

1. Systematische Arten des Schwindels
– Drehschwindel: Auftreten von Oszillopsien, Gefühl einer Karussellfahrt, häufig ist diese Schwindelform vestibulär begründet, selten sind Ursachen auch im zentralen Nervensystem zu finden
– Liftschwindel
– Schwankender Schwindel (oder auch Schwankungsschwindel)

2. Unsystematische Arten des Schwindels
– Sekundenschwindel: Drohendes Ohnmachtsgefühl, bei plötzlichem Auftreten muss von einer bradykarden Rhythmusstörung ausgegangen werden
– Räumliche Beklommenheit: Auftreten eines mauen Gefühls, durch reine Bewegung des Kopfes ausgelöst oder dauerhaftes Vorhandensein des Schwindels
– Unsicherheit beim Gehen: Unabhängig von einer Kopfbewegung, tritt bei Bewegungen des Körpers auf, Gefühl des Schwankens

Unterscheidung nach der Ätiologie

– zentraler Schwindel
– vestibulär-peripherer Schwindel
– nicht-vestibulärer Schwindel

Ursachen eines Schwindels

Die Vertigo zählt zu den häufigsten Gründen des Aufsuchens eines Allgemeinmediziners und kann ganz vielfältige Ursachen haben.
Ein akutes Schwindelgefühl tritt in der Regel als Symptom einer neurologischen Erkrankung auf. Ist der Schwindel bereits chronisch, steckt häufig ein psychisches Problem dahinter.
Oftmals liegt ein akuter Schwindelanfall in einem fehlerhaften Informationsfluss der Sinnesorgane begründet. Ohren und Augen senden dabei diskrepante Informationen und verursachen so eine Störung des Gleichgewichtsempfindens. Das menschliche Organ, das für den Gleichgewichtssinn sorgt, ist im Innenohr zu finden. Es ist für das Empfinden der Linear- und Drehbeschleunigung zuständig und wirkt sich neben der Balance auch auf die Reflexe aus.
Liegt eine Störung oder Erkrankung des Gleichgewichtssystems als Ursache der Vertigo vor, so spricht man von einem vestibulären Schwindel.
Mit einem solchen Schwindel kommen meist noch weitere Symptome einher. Typische körperliche Begleiterscheinungen sind zum Beispiel Unwohlsein, Erbrechen, andauernde Übelkeit, Herzrasen und eine erhöhte Schweißproduktion.

Beispiele für mögliche Grunderkrankungen bei einer Vertigo (Auflistung nach Häufigkeit des Auftretens)

– Benigne paroxysmale positionale Vertigo (gutartiger Lagerungsschwindel)
– Vestibulopathie (Verletzungen oder Störungen des inneren Ohres)
– Neuritis Vestibularis (Infektion der Gleichgewichtsorgane)
– Morbus Menière
– Erkrankungen oder Störungen, die in Verbindung mit dem Gleichgewichtssystem stehen (z. B. Tumore, Frakturen des Felsenbeins, Kleinhirninfarkte, etc.)
– Migräne vom Typ Basilaris (Schwindelgefühl während des Migräneschubes, auch Bickerstaff Syndrom genannt)
– Defekt des Innenohrknochens (Bogengangsdehiszenz)
– Kompression der Basilaris (unter anderem bei Schleudertraumata mit einhergehender Instabilität des Kopfgelenkes)

Der häufigste episodische Schwindel ist der gutartige Lagerungsschwindel. Während einer Dauer von etwa 15 – 60 Sekunden verspürt der Patient einen Drehschwindel. Die Schwindelattacke kann dabei unter anderem durch schnelles Aufstehen, Anheben des Kopfes oder durch eine einseitige Neigung des Kopfes ausgelöst werden. Bewegt sich der Patient nicht, treten keine Anfälle auf. Diese Form des Schwindels führt keine Begleiterscheinungen mit sich.
Neben den genannten Möglichkeiten kann eine Vertigo noch bei einer Fülle anderer Erkrankungen als Symptom auftreten. Niedriger Blutdruck, eine Herzrhythmusstörung oder auch Halswirbelblockaden sind einige dieser Krankheiten. In sehr seltenen Fällen führt eine Epilepsie zu einem Schwindelgefühl.

Ein Schwindel kann allerdings auch ohne direkte Vorerkrankung in Erscheinung treten.
So kann zum Beispiel in großer Höhe aufgrund der geringen Luftdichte oder wegen eines psychischen Höhe-Effekts ein Schwindelgefühl vorkommen. Oftmals genügt ein fester und stabiler Halt oder tiefes Durchatmen, um sich wohler zu fühlen.
Manchmal haben Sporttaucher ebenfalls mit Schwindel zu kämpfen. Kaltes Wasser, das zu weit in das Ohr hineinkommt, verursacht hierbei das Drehgefühl. Abhilfe schafft ein zügiges Auftauchen. Daneben wirkt es unterstützend, sich während des Aufstiegs nach den Luftblasen zu richten. In jedem Fall sollte der Tauchgang sobald als möglich beendet werden (selbstverständlich muss dabei die vorgeschriebene Auftauchzeit beachtet werden).

Schwindel in Verbindung mit Verletzungen der Halswirbelsäule

Als Ursache für ein Schwindelgefühl kann auch eine Halswirbelsäulenverletzung infrage kommen. Häufig tritt Schwindel als Symptom eines Schleudertraumas auf. Die auslösende, peitschenartig schnelle Bewegung kann eine Instabilität des Kopfgelenks nach sich ziehen, was die Vertigo hervorruft. Bei einem Unfalltrauma kann es außerdem zu einer Störung der Sinneszellen kommen. Sie sind für den Transport der Informationen aus Muskeln und Sehen zu den Organen des Gleichgewichts zuständig. Sehr häufig wird bei einem solchen Unfall auch das im Innenohr liegende Gleichgewichtsorgan selbst beschädigt. Eine Vertigo ist in diesem Fall sehr wahrscheinlich.
Meist zeigt sich der Schwindel in Form einer Gangunsicherheit oder eines Schwankschwindels. Nur selten tritt bei einer Halswirbelsäulenverletzung ein Drehschwindel auf. Nach schnellen oder längeren Anstrengungen kann das Symptom ebenso in Erscheinung treten wie nach einer eingehenden Zwangshaltung. Hierbei kann der Schwindel sogar über mehrere Stunden anhalten. Bei dieser Form des Schwindels kommen im Regelfall keine weiteren Störungen der anderen Sinnesorgane (Augen, Ohren) vor.

Schwindel in Kombination mit Erkrankungen der Psyche

Nicht selten kommt ein Schwindel in Verbindung mit einer psychischen Krankheit vor. Das Schwindelgefühl kann dabei entweder der Grund der psychischen Erkrankung sein, oder als Folgeerscheinung (der psychogene Schwindel) auftreten. Diverse Studien haben nachgewiesen, dass bei beinahe der Hälfte aller Patienten, die unter einem Schwindelgefühl leiden, ein Zusammenhang mit einer Erkrankung der Psyche besteht. Beide Beschwerden können jeweils auch als Begleiterscheinung einhergehen.
Beispiele für psychische Störungen, in deren Folge oftmals mit einem Schwindel zu kämpfen ist, sind Depressionen, psychosomatische Erkrankungen und Angststörungen.
Ärztliche Untersuchungen und Verfahren bei Schwindel
Um die Ursache des Schwindelgefühls sicher diagnostizieren zu können, ist es häufig nötig, dass der Patient mehrere Spezialisten aufsucht. Zu Beginn steht immer ein Besuch bei einem Allgemeinmediziner an. Kann vom behandelnden Hausarzt keine Diagnose gestellt werden, so werden in der Regel zunächst HNO-Ärzte, Orthopäden und Neurologen konsultiert. Findet der Patient auch bei diesen Spezialisten keine Hilfe, können Untersuchungen in der Kardiologie oder der Psychiatrie folgen. Tritt der Schwindel regelmäßig und stark auf, kann die Einweisung in eine Klinik nötig sein, um weitere Tests durchführen und die Sicherheit des Patienten gewährleisten zu können.

Angewandte Verfahren im Überblick

Im Folgenden werden mögliche Untersuchungsmethoden aufgezeigt. Dabei wird nach Häufigkeit der Anwendung unterschieden.

1. Immer durchgeführte Untersuchungen (Standardtests):
– Aufnahme der Krankengeschichte (Anamnese)
– Check des Körpers (äußerliche Untersuchung)
– Messen des Blutdrucks und des Pulses
– Augentest (Bewegungsfähigkeit – Nystagmus)
– Ohrenprüfung und Gleichgewichtstest
– Test der Koordinationsfähigkeit
– Tretversuch nach Unterberg
– Test nach Romberg
– Hirnstammaudiometrie

2. Optionale technische Zusatzuntersuchungen (je nach Befund):
– allgemeine Audiometrie (Gehör)
– Vestibulartest (Balance)
– Elektronystagmographie (objektiver Test zur Prüfung der Augenbeweglichkeit und der vestibulären Wahrnehmung)
– Untersuchung mittels bildgebender Geräte (Computertomografie, MRT)
– Testen der otoakustischen Emissionen
– Sonografie des Duplex, EEG